II. Experimenteller Teil

5 Das Spektrometer

Wie jede absorptionsspektroskopische Apparatur, so besteht auch das verwendete Mikrowellenspektrometer prinzipiell aus drei Bauelementen:

Nachfolgend seien diese drei Grundbauelemente etwas näher erläutert.

5.1 Die Strahlungsquelle

Die eigentliche Strahlungsquelle ist ein Rückwärtswellenoszillator (backward wave oscillator, BWO). Da aber mit einem einzelnen BWO nicht der gesamte benötigte Frequenzbereich überstrichen werden kann, ist es möglich, verschiedene BWO's in dieselbe Grundeinheit einzubauen, die dann jeweils ein ganzes Mikrowellenband abdecken. So kann man mit 4 BWO-Einheiten den Bereich von 8 bis 40 GHz (X-, KU-, K- und V-Band) überstreichen.

Die gesamte Einheit gestattet nun eine Veränderung der abgestrahlten Frequenz über die Änderung der Anodenspannung des BWO. Das kann man grob mit einem eingebauten Potentiometer tun, über das man die Frequenz des BWO über das ganze Band hinweg einstellen kann.

Abb.19: Schematischer Aufbau des Mikrowellenspektrometers, nach [19],[20]

Für die Aufnahme von Mikrowellenspektren ist es nun aber nötig, einen bestimmten Frequenzbereich zu überstreichen (Frequenzsweep). Das ist über einen Frequenzmodulationseingang am BWO möglich. Aus Gründen, die später noch dargelegt werden, war es bei dieser Arbeit nicht möglich, die Frequenz wie sonst üblich, sehr langsam zu verändern. Stattdessen mußte der Sweep schnell erfolgen und oft wiederholt werden (Wobbeln). Das wurde dadurch erreicht, daß auf den FM- Eingang eine Sägezahnspannung gelegt wurde, die ganz einfach aus einem Oszilloskop bezogen werden konnte. Dieses Oszilloskop konnte dann auch gleich zur Anzeige von Frequenzmarken oder des Signals verwendet werden, da es genau im Takt mit der Mikrowellenfrequenz läuft. Die Sägezahnspannung wurde noch über einen zusätzlichen Verstärker geführt, mit dem man die Amplitude des Sägezahns (und damit die Sweepbreite) verändern und zusätzlich noch eine variable Sockelspannung (Offset) zum Feinabgleich der Frequenz einstellen kann. Die Triggerung des Oszilloskops erfolgte extern über einen variablen Taktgeber.

Neben der Strahlungsquelle benötigt man auch einige Geräte, die eine genaue Bestimmung der abgestrahlten Frequenz ermöglichen. Als Referenz dient dabei ein quarzstabilisierter Normalfrequenzgenerator, mit dem Frequenzen bis zu 1 GHz erzeugt werden können. Diese Referenzfrequenz und die Mikrowelle werden an einer Diode gemischt. Diese Diode bewirkt zweierlei: erstens erzeugt sie die harmonischen Oberwellen der Referenzfrequenz (Oberwellenkamm) und zweitens bildet sie alle zugehörigen Differenzen und Summen der Oberwellen zur Mikrowellenfrequenz.

Das an dieser Diode anfallende Signal wird über einen Tiefpaß (30 MHz), der als Vorfilter wirkt, einem Radioempfänger zugeführt. Dessen Empfangsfrequenz kann zwischen 1 und 30 MHz eingestellt werden. Von der Diode kann in diesem Bereich nur eine Frequenz kommen, nämlich die Differenz zwischen der Mikrowellenfrequenz und der nächstgelegenen Referenz-Oberwelle (falls diese nahe genug beieinanderliegen, ansonsten erhält man gar kein Signal). Der Radioempfänger erhält also genau dann ein Signal, wenn diese Differenz gleich der eingestellten Empfangsfrequenz ist. Ein typischer Wert hierfür sind 20 MHz.

Abb.20: Der Normalfrequenzgenerator wird so eingestellt, daß die Mikrowellenfrequenz beim Wobbeln immer um eine harmonische Oberwelle der Referenzfrequenz herum schwankt.

Wenn sich im Laufe eines Frequenzdurchlaufs die Mikrowellenfrequenz von unten her der Referenz-Oberwelle nähert, so erhält man am Empfänger genau dann ein Signal, wenn die Mikrowelle noch z.B. 20 MHz entfernt ist. Dann erreicht die Mikrowellenfrequenz den Wert der Referenz-Oberwelle, streicht über diese hinweg und man erhält schließlich ein weiteres Signal, wenn die Mikrowellenfrequenz um 20 MHz höher ist als die Oberwelle der Referenz. Welche harmonische Oberwelle zur Differenzbildung beigetragen hat kann man im allgemeinen an der groben Skala des BWO-Grundgerätes ablesen.

5.2 Die Absorptionszelle

Die Mikrowellenstrahlung kann über Hohlleiter und einen variablen Abschwächer in verschiedene Meßzellen geleitet werden. Verwendet wurden dabei zwei verschiedene Zellen. Für die Referenzmessungen an Cyclopentadien und Phenol wurde eine 3m-Rechteckzelle verwendet (die Längenangabe bezieht sich auf die Modulationsstrecke). Die Stark-Elektrode ist hierbei in Form einer rechteckigen Platte über fast die gesamte Zellenlänge realisiert, die an den schmalen Seiten der Zelle in je einer Längsrille einer Teflonisolierung ruht. Um die Transmission möglichst wenig zu stören sind die Ein- und Auslaßöffnungen als schmale Längsschlitze in der breiten Oberseite ausgeführt. Dadurch erhält man zwar sehr gute Transmissionseigenschaften, jedoch ist ein schnelles Durchströmen, wie es für die Messung instabiler Substanzen nötig ist, dabei nicht möglich. Andererseits kann man in einer Rechteckzelle keine so großen Öffnungen anbringen, wie sie für ein schnelles Durchströmen benötigt würden, ohne die Transmission in unvertretbarer Weise zu stören.

Hierfür wurde dann eine Rundzelle benutzt. Sie weist größere Ein- und Auslaßöffnungen auf (Nennweite 25 mm), wodurch ein wesentlich rascheres Durchströmen und damit eine kürzere Verweilzeit der Substanz in der Zelle erreicht wird. Zusätzlich befindet sich im Einlaß ein kleiner Glasfinger, der das senkrecht zur Zelle einströmende Gas parallel zur Zelle umlenkt. So wird die Strömung noch etwas besser unterstützt. Die Öffnung dieses Glasfingers besitzt einen Durchmesser von etwa 8 mm und stellt so, neben dem Auslaßventil, die engste Stelle im Durchflußsystem dar.

Bei der Rundzelle besteht die Stark-Elektrode aus einem eineinhalb Meter langen Metallrohr, das an den Enden kegelförmig abgeschlossen ist. Das Rohr wird durch sechs Teflonstäbchen in der Zelle zentriert.

Bei früheren Arbeiten in unserer Abteilung zeigte sich, daß Metalloberflächen bei gewissen Substanzen die Zersetzung katalysieren können. Deshalb sind sämtliche Oberflächen der Rundzelle mit einer dünnen Teflonschicht überzogen, um so jeden Metallkontakt zu vermeiden.

Aus der Zelle abgesaugt wird die Probe über mehrere Kühlfallen durch einen Pumpstand, der aus einer Diffusionspumpe und, als Vorpumpe, einer Drehschieberpumpe besteht.

Zusätzlich zum Mikrowellenspektrometer wurde zwischen Zellausgang und Pumpstand eine Verzweigung zu einem Quadrupol-Massenspektrometer (bis 200 AME) vorgenommen, um die Zersetzungsprodukte massenspektrometrisch nachzuweisen.

5.3 Detektion

Die Detektion bereitet bei der Rotationsspektroskopie aufgrund der geringen Absorption ziemliche Schwierigkeiten. Man darf nicht vergessen, daß im Gegensatz zu anderen Absorptionsmessungen wie UV- oder IR-Spektroskopie, wo der Anteil der absorbierten Strahlung im Prozent-Bereich liegt, bei der Mikrowellenspektroskopie im ppm-Bereich und darunter gearbeitet wird. Aus diesem Grund ist der Detektionsteil des Spektrometers die komplizierteste Komponente.

Als eigentlicher Detektor der Mikrowellenstrahlung dient eine Spitzen-Diode, die in einem Hohlleiter-Anpassglied untergebracht ist. Bei sehr starken Absorptionen ist es möglich an der Dioden-Ausgangsspannung direkt die Transmissionsverringerung zu erkennen. Im Normalfall ist diese Verringerung jedoch so klein, daß sie im Rauschen vollständig untergeht. Die ganze Technik, die im Detektorteil Anwendung findet, dient also nur dazu, das Verhältnis zwischen Signal und Rauschen zu verbessern.

5.3.1 Starkmodulation

Ein wichtiges Hilfsmittel ist dabei die Modulation des Absorptionssignales. Da die Rotationsspektroskopie nur an Molekülen mit permanentem elektrischem Dipolmoment möglich ist, bietet sich hier die Ausnutzung elektrischer Felder - also des Stark-Effektes an. Die einzelnen J-Niveaus sind nämlich bezüglich ihrer M- Quantenzahl (also der räumlichen Ausrichtung des Drehimpulses) entartet. Diese Entartung wird durch ein äußeres elektrisches Feld teilweise aufgehoben, da nun nicht mehr alle räumlichen Ausrichtungen des Drehimpulses zum äußeren Feld energetisch gleichwertig sind. Deshalb wird der Übergang i.a. in mehrere Komponenten aufgespalten.

Abb.21: An der Diode liegt (mit 33 kHz moduliert- hier allerdings sehr vereinfacht dargestellt) sowohl das Absorptionssignal ohne Feld (Mitte rechts), als auch das mit Feld (links ganz oben) an, allerdings fällt das rechte Signal logischerweise nur in den Halbperioden mit ausgeschaltetem Feld an (rechts unten), das linke nur in den Halbperioden mit angeschaltetem Feld (links unten).

Bei angelegtem Feld tritt der Übergang also nicht mehr an derselben Stelle auf wie ohne Feld. Schaltet man nun das Feld periodisch an und aus (hier realisiert als Rechteckmodulation mit einer Frequenz von 33 kHz), so wird ein bestimmter Übergang an einer bestimmten Stelle nur dann zu sehen sein, wenn das Feld aus ist, an einer anderen nur dann, wenn es angelegt ist; das Absorptionssignal ist also mit der Frequenz der Starkspannung moduliert.

5.3.2 Phasenempfindliche Gleichrichtung

Nach Abkoppeln des Gleichspannungsanteils kann man das Diodensignal (33 kHz) phasenempfindlich gleichrichten. Dazu benutzt man einen Lock-In-Verstärker, der seine Referenzfrequenz aus dem Stark-Generator bezieht. So besteht zwischen Signalträger und Referenz immer eine feste Phasenbeziehung. Über einen Phasenschieber am Lock-In- Verstärker können schaltungsbedingte Phasenverschiebungen ausgeglichen werden. Stellt man die Phasenlage so ein, daß die Phasendifferenz zwischen Referenz und Signal genau 0° oder 180° beträgt, so erhält man maximale Signalintensitäten. Dabei wird aber, da das Signal bei eingeschaltetem Feld gegenüber dem Signal ohne Feld genau um 180° verschoben ist, die Diodenspannung bei angelegtem Feld mit entgegengesetztem Vorzeichen verstärkt. Das ist der Grund, weshalb die Stark-Satelliten im Spektrum nach unten zeigen, während die Linien ohne Feld nach oben gerichtet sind.

Der wichtigste Vorteil des Lock-In-Verstärkers besteht darin, daß, auf Grund der festen Phasenbeziehung zur Referenz, die Bandbreite des Verstärkers nur durch den nachgeschalteten Tiefpaß bestimmt wird. Deshalb können vom Rauschen nur die Anteile passieren, deren Frequenzen nahe bei der Modulatiosfrequenz liegen. Alle anderen Anteile werden so praktisch weggefiltert. Dadurch steigt das Verhältnis von Signal zu Rauschen beträchtlich.

5.3.3 Time-Averaging

Um das Signal nun noch mehr vom Rauschen zu befreien wäre es möglich, mit einem Tiefpass geringer Bandbreite zu arbeiten und dadurch die meist schnellen Amplitudenschwankungen des Rauschens noch besser auszufiltern. Dabei müßte man dann aber sehr langsam über die Absortionslinie hinwegfahren, um höherfrequente Fourierkomponenten im Signal zu vermeiden, die vom Tiefpaß weggefiltert würden. Dadurch erhielte man ein verzerrtes Signal. Ein so langsamer Frequenzvorschub erweist sich für instabile Moleküle jedoch als unbrauchbar, da meist nicht garantiert werden kann, daß die Verhältnisse über den gesamten Sweep hinweg konstant bleiben. Eine Konzentrationsänderung in der Zelle könnte so eine Absorptionsänderung vortäuschen, die gar nicht vorhanden ist.

Einen Ausweg aus diesem Problem bietet das Time-averaging-Verfahren, das erst durch den Einsatz von schnellen elektronischen Rechnern ermöglicht und ursprünglich für NMR- und ESR-Anwendungen entwickelt wurde. Man schließt dabei einen Kompromiß. Man macht den Frequenzvorschub so schnell, wie es nötig ist, um sicher konstante Verhältnisse über einen gesamten Sweep hinweg zu haben (in unserem Fall etwa 0,1 Sekunden). Man muß dann mit einer entsprechend erhöhten Bandbreite arbeiten. Das dadurch bedingte größere Rauschen beseitigt man nun andererseits aber dadurch, daß man den Sweep öfters wiederholt (deshalb der oben schon erwähnte Sägezahn als Frequenzmodulation) und die Signalintensitäten mit einem Rechner aufaddiert. Es läßt sich mathematisch zeigen, daß dabei das (statistische) Rauschen nur mit der Wurzel der Anzahl der Sweeps anwächst, während das (kohärente) Absorptionssignal sich linear aufaddiert. Man erreicht bei 100 Sweeps also eine Verbesserung des Verhältnisses zwischen Signal und Rauschen um einen Faktor Zehn.

Es ist dabei allerdings wichtig, daß jeweils die richtigen Abschnitte des Spektrums aufaddiert werden, das heißt, daß in einen bestimmten Kanal im Rechner immer das Signal bei derselben Mikrowellenfrequenz gespeichert wird. Da der Sägezahn des Oszilloskops, der den Frequenzvorschub steuert, hinreichend stabil ist, muß nur noch dafür gesorgt werden, daß der Rechner immer bei der selben Frequenz mit seiner Arbeit beginnt.

Das wird dadurch erreicht, daß ein zweiter Radioempfänger an die Mischerdiode angeschlossen ist, dessen Frequenz (meist 21 MHz) so eingestellt wird, daß seine Frequenzmarke erzeugt wird, kurz bevor die Mikrowellenfrequenz den für den linken Rand des Frequenzfensters gewünschten Wert erreicht. Diese Marke wird dem Rechner als Triggermarke zugeführt. Um zu verhindern, daß der Rechner schon beim Rücksprung des Sägezahns oder bei der zweiten Marke (21 MHz über der Referenz-Oberwelle) getriggert wird, läuft das Triggersignal erst noch durch eine Torschaltung, die vom Taktgeber beim Startimpuls geöffnet wird und sich nach einer gewissen einstellbaren Zeit wieder schließt.

Als Rechner für die Aufaddierung der Meßwerte diente ein unter CP/M betriebener ELTEC E3-182 mit einem in unserer Abteilung entwickelten Programm.

Abb. 22: Nachdem der vorherige Sweep mit dem Rücksprung beendet wurde, wartet das Oszilloskop auf den neuen Triggerimpuls vom Taktgeber. Ist dieser erfolgt, beginnt der neue Sweep. Dabei ist das Tor offen, durch das der Rechner seinen Triggerimpuls bekommt. Nach der eingestellten Zeit schließt sich das Tor und der Rechner bleibt bis zum nächsten Sweep von Triggerimpulsen unbehelligt.

5.4 Auswertung der Daten

Wenn sowohl die Daten des Spektrums als auch die Frequenzmarken im Rechner gespeichert sind, werden sie mit einem Datenübertragungsprogramm zur Auswertung an einen zweiten Rechner geschickt. Prinzipiell ist das nicht nötig, da auch für den ELTEC ein Auswerteprogramm existiert, aber da der zweite Rechner (ein IBM-AT) die Daten graphisch besser auswerten kann und die Auswertung parallel zu einer weiteren Messung erfolgen kann wurde dieser Weg beschritten.


6 Präparativer Teil

Die IR-Spektren wurden mit einem Infrared Grating Spektrometer 457 der Firma Perkin-Elmer aufgenommen. Film- Spektren wurden mit CsI-Fenstern, Festkörperspektren mit KBr-Preßlingen durchgeführt.

Die Kernresonanz-Spektren wurden zum Teil von der Sektion Kernresonanz- Spektroskopie mit einem Bruker MSL 300 Fourier-Transform-Spektrometer angefertigt. Der andere Teil der Massenspektren wurde in der Abteilung Organische Chemie I an einem Varian EM 360L-Spektrometer aufgenommen. Die Substanzen wurden dazu in CDCl3 gelöst. Als interner Standard diente Tetramethylsilan (TMS).

Die Massenspektren des präparativen Teils wurden von der Sektion Massenspektrometrie an einem Varian MAT 711 aufgenommen. Die Spektren, die im Laufe der mikrowellenspektroskopischen Arbeit angefertigt wurden, stammen von einem Ametek/Dycor Quadrupol-Restgasanalysator. Ausgegeben wurden die Spektren auf einem Laserdrucker des Universitäts-Rechenzentrums Ulm über ein, im Laufe dieser Arbeit entwickeltes, Fortran-Programm auf einer VAX 6340 der Digital Equipment Company.

Die verwendeten Chemikalien wurden von den Firmen Aldrich, Merck und Fluka bezogen.

Alle empfindlichen Substanzen, insbesondere die Zwischenstufen, wurden bis zur Verwendung bei ca. -40°C gelagert.

In den Präparationsvorschriften wird folgende Nomenklatur verwendet:

Der Grundkörper (1,4-Methano-hexahydronaphthalin) kann als formales Additionsprodukt aus Cyclopentadien (CP) und Cyclohexadien (CH) aufgefaßt werden und wird kurz als CPCH bezeichnet. Die davon abgeleiteten Verbindungen tragen dann Vor- oder Nachsilben, die die Substituenten anzeigen. So steht TMSO- für die Trimethylsilyloxy-Gruppe, -ol für eine Hydroxy-Gruppe und -on für eine Keto-Gruppe.

6.1 Erster Versuch zur Darstellung von TMSO-CPCH (V: 1,4-Methano- 5-trimethylsilyloxy- 1,4,5,8,9,10-hexahydronaphthalin)

Shiner, Vorndam und Kass veröffentlichten zwar den groben Reaktionsweg, über den sie zu der gewünschten Vorläuferverbindung kamen, schilderten jedoch nicht die genauen Bedingungen. Diese Unterlagen wurden angefordert, in der Zwischenzeit jedoch schon ein Versuch gestartet, die Synthese nachzuvollziehen.

Dazu wurden 4 ml Trimethylsilyloxybutadien (22,8 mmol) mit 6 ml Norbornadien (55,6 mmol) in Toluol gelöst und etwa 16 Stunden unter Rückfluß gekocht (über Nacht mußte aus Sicherheitsgründen die Heizung abgestellt werden). Der Verlauf der Reaktion wurde mit IR-Spektren verfolgt. In dieser Zeit wurden keine signifikanten Änderungen beobachtet. Die Reaktionsmischung wurde deshalb weitere 12 Stunden auf etwa 50 Grad gehalten. Auch nach dieser Zeit war im IR-Spektrum keine Änderung zu erkennen. Die folgende Destillation erbrachte nur die Ausgangsprodukte und einen gelben, äußerst hochsiedenden, zähen Sumpf, der nicht weiter aufgearbeitet werden konnte und auch mengenmäßig unbedeutend war.

Es erschien deshalb ratsam, auf das Eintreffen der Präparationsvorschriften von Shiner, Vorndam und Kass zu warten und währenddessen einen alternativen Weg zu beschreiten, nämlich die Darstellung über den reinen Kohlenwasserstoff (CPCH), die auch von Lasne, Ripoll und Denis gewählt wurde.

6.2 Darstellung von CPCH (III: 1,4-Methano-1,4,5,8,9,10-hexahydronaphthalin) (nach [6])

In einen Autoklaven, der mit 162 ml Norbornadien (132 g 1,8 mol) und einer Spatelspitze Hydrochinon befüllt war, wurden 52 ml Butadien (32,5 g 0,6 mol) aus einer Kühlfalle einkondensiert. Die Mischung wurde 30 Stunden auf ca. 140 Grad geheizt. Bei der anschließenden Destillation ging zunächst unverbrauchtes Norbornadien über (90°C). Nachdem dieses abdestilliert war, wurde im Vakuum weiterdestilliert. Bei 90°C und 16 mbar wurde so eine Rohfraktion von CPCH erhalten. Die anschließende Rektifikation über eine vakuumisolierte 30cm-Vigreux-Kolonne lieferte 37,9 g (0,26 mol = 43% d.Th.) CPCH (nD20 = 1,5148).

ÜbersichtLiteratur [6]diese Arbeit
Siedepunkt
Brechungsindex
Ausbeute
78°C/11 Torr
nD20 = 1,5143
64% d.Th.
90°C/16 mbar
nD20 = 1,5148
43% d.Th.

Abb.23: IR-Spektrum von CPCH

6.3 Erster Versuch zur Oxidation von CPCH (III)

2 ml CPCH (1,92 g = 14 mmol) wurden, in 2 ml Dioxan gelöst, vorgelegt und dazu eine Lösung von 1,6 g Selendioxid (14 mmol) in 8 ml Dioxan und 2 ml Wasser (Lösen durch Erwärmen!) erst unter Eiswasserkühlung zugetropft. Nachdem die erwartete Färbung der Lösung ausblieb wurde der Rest des Oxidans bei ca. 60 Grad zugetropft. Es trat dann bald eine Gelbfärbung ein. Die Farbe vertiefte sich im Verlauf der Reaktion noch. Am Ende war die Mischung braun. Nach beendeter Zugabe (etwa 4 Stunden) wurde etwa 12 Stunden unter Rückfluß gekocht.

Die Reaktionsmischung wurde heiß abfiltriert (im Filter blieben dabei kleine, schwarze, harte Partikel zurück). Das Filtrat wurde destilliert. Dabei wurde am Anfang ein Dioxan-Wasser-Gemisch erhalten, später enthielt das Destillat wohl auch noch eine dritte Komponente, die aber nicht näher untersucht wurde. Der Rückstand war ein fester, brauner Schaum, der in einer Dioxan/Aceton-Mischung (ca. 1:1) unlöslich war. Mit heissem Ethanol konnte ein Teil gelöst werden. Nach dem Abrotieren des Ethanols blieb dabei ein ockerfarbener Feststoff zurück (IX). Der Feststoff wog 1,25 g. Er löste sich in Ethanol auch kalt. In Dioxan war er etwas schlechter löslich. In Tetrachlorkohlenstoff und Chloroform war er unlöslich. Der weitere Rückstand wurde in heissem Dioxan gelöst und ebenfalls einrotiert. Es wurde ein brauner Feststoff erhalten, der aber mindestens aus zwei Komponenten bestand und wohl auch noch I enthielt. Es waren dies 0,57 g (X). Der so erhaltene Feststoff löste sich nicht gut in Dioxan. In Ethanol blieb etliches ungelöst, die überstehende Lösung war aber gelblich gefärbt, woraus zu schließen ist, daß sich auch IX in dem Festkörper befand. Die IR- Spektren weisen eine starke OH-Bande auf, jedoch ansonsten nur sehr breite Banden. Da die Spektren keine CO-Banden aufweisen und auch keine Feststoffe zu erwarten waren, handelt es sich bei den erhaltenen Produkten wohl kaum um die erwünschten Substanzen. Das Massenspektrum ergab, daß es sich bei IX um eine Oligomerenmischung handelt. Das Spektrum weist im Bereich von 120-500 Maseneinheiten nur Peaks von 408 bis 486 auf. Da jedoch für die eingesetzte Substanzmenge ein relativ kleines Signal gemessen wurde, wird angenommen, daß auch noch darüber hinaus Signale bei höheren Massen gefunden werden könnten. Bei der verwendeten Methode (FD) sollten keine Fragmente entstehen, so daß im Prinzip jeder Peak ein Molekül darstellen müßte!

Massenspektrum:

Abb.24: Massenspektrum des Oxidationsproduktes von CPCH mit Selendioxid bei äquimolarem Ansatz.

6.4 Oxidation von CPCH (III) zu CPCH-ol (IV: 1,4-Methano-5-hydroxy- 1,4,5,8,9,10- hexahydronaphthalin) (nach [13])

Nachdem die Oxidation mit äquimolaren Mengen an Selendioxid gescheitert war, wurde versucht, mit einer schonenderen Methode, also Oxidans im Unterschuß, zum Erfolg zu kommen.

Dazu wurden 15 ml 14,4 g 100 mmol CPCH in 15 ml Dioxan gelöst und dazu bei einer Innentemperatur von etwa 85 Grad eine Lösung von 3 g Selendioxid (27 mmol) in 15 ml Dioxan und 4 ml Wasser getropft. Nach ca. zweieinhalb Stunden war die Zugabe beendet. Die Reaktionsmischung wurde dann ca. 14 Stunden unter Rückfluß gekocht. Bei der anschließenden Destillation ging zunächst ein Gemisch aus Wasser und Dioxan über, dann unverbrauchtes CPCH, das bereits etwas Alkohol enthielt, und schließlich eine hochviskose Flüssigkeit, die nur unter sehr drastischen Bedingungen destilliert werden konnte (Heizbad 140°C und ca. 0,003 mbar). Das rückgewonnene Edukt (hier 3,5 ml) kann ohne weitere Reinigung erneut eingesetzt werden. Vom Alkohol wurden 2,6 g (16 mmol 30% d.Th.; Lit.: 59%) erhalten. Er wurde später noch wie in 6.6., beschrieben durch Säulenchromatographie gereinigt.

IR-Spektrum:

Abb.25: IR-Spektrum von CPCH-ol aus der Oxidation von CPCH.

Die CHN-Analyse ergab folgende Werte:

gefundenberechnet
C81,29 (14)81,48
H8,62 (12)8,64
O10,09 (02)9,88

6.5 Darstellung von TMSO-CPCH (V: 1,4-Methano-5-trimethylsilyloxy-1,4,5,8,9,10- hexahydronaphthalin) (nach [5])

115 ml Norbornadien (98,0 g 1,06 mol ) und 37,3 ml 30,6 g 214,8 mmol Trimethylsilyloxy-butadien wurden in einem Autoklaven 5 Tage lang auf ca. 150°C erhitzt. Nach Abschluß der Reaktion wurde die erhaltene gelbe Flüssigkeit destilliert. Zunächst ging bei Normaldruck und 89-94°C nicht umgesetztes Norbornadien über. Dann wurde der Druck bis auf ca. 2 10-3 mbar vermindert und die überdestillierende Flüssigkeit ohne eine weitere Fraktion zu schneiden gesammelt. Diese Fraktion wurde anschließend über eine vakuumisolierte 30cm-Vigreux-Kolonne rektifiziert. Erhalten wurden so 22,3 g = 95 mmol. Das entspricht 44,4 % d.Th. (Lit.: 15%).

IR-Spektrum:

Abb.26: IR-Spektrum von TMSO-CPCH.

1H-NMR-Spektrum:

Abb.27: 1H-NMR-Spektrum von TMSO-CPCH.

6.6 Hydrolyse von TMSO-CPCH (V) zu CPCH-ol (IV)

13,5 g TMSO-CHPH (58 mmol) wurden in einer Mischung von 50 ml 1-molarer HCl und 50 ml THF suspendiert. Nach 20 Minuten Rühren bei Zimmertemperatur war die Reaktion abgeschlossen.

Das THF wurde abdestilliert (ca. 300 mbar). Die übrige Lösung wurde mit 500 ml gesättigter Natrium-Hydrogencarbonat-Lösung und 150 ml Dichlormethan gerührt. Die Phasen wurden getrennt, die wässrige Phase nochmals mit drei Portionen zu 100 ml und einmal 50 ml Dichlormethan extrahiert und die vereinigten organischen Phasen gewaschen und über Natriumsulfat getrocknet.

Aus der so erhaltenen Lösung wurde das Methylenchlorid mit dem Rotationsverdampfer abgezogen. Es wurden ca. 9 g einer trüben, gelblichen, viskosen Flüssigkeit erhalten. Sie wurde in zwei Chargen über eine Säule gereinigt (170x40 mm; Silicagel Type 60, Laufmittel Methylenchlorid). Die Trennung wurde per Dünnschichtchromatographie verfolgt.

Es bildete sich bald ein gelber Ring in der Säule aus, während eine zweite gelbe Substanz ganz oben auf der Säule verblieb und kaum eluiert wurde. Bevor der gelbe Ring den Auslauf erreichte wurde die erste Fraktion geschnitten. Sie enthielt eine fast farblose, hochviskose Substanz. Sie wurde, wie die zweite Fraktion (der gelbe Ring) verworfen. Dann wurde die eigentliche Produktfraktion noch mit ca. 1,5 l Methylenchlorid eluiert. Die letzte Substanz, die kaum eluierte, wurde auf dem Gel belassen und mit diesem verworfen. Die beiden erhaltenen Produktchargen (trüb, schwach gelblich) wurden vereinigt und destilliert (60°C, 0,007 mbar).

Erhalten wurden so 4,2 g = 26 mmol Allylalkohol. Das entspricht 44,8% d.Th. (Lit.: 86%).

1H-NMR-Spektrum:

Abb.28: 1H-NMR-Spektrum von CPCH-ol

IR-Spektrum:

Abb.29: IR-Spektrum von CPCH-ol aus der Hydrolyse von TMSO-CPCH

13C-NMR-Spektrum:

Abb.30: 13C-NMR-Spektrum von CPCH-ol

Massenspektrum:

Abb.31: Massenspektrum von CPCH-ol

Die CHN-Analyse ergab folgende Werte:

gefundenberechnet
C81,34 (04)81,48
H8,54 (05)8,64
O10,12 (09)9,88

6.7 Oxidation von CPCH-ol (IV) zu CPCH-on (VI: 1,4-Methano-5-oxo- 1,4,5,8,9,10-hexahydronaphthalin)

11 g (51 mmol) Pyridinium-Chlorochromat und 0,75 g Natriumacetat wurden in 50 ml Methylenchlorid suspendiert und dazu unter Eiskühlung eine Lösung von 3,9 g (24 mmol) Allylalkohol aus 6.6 getropft (ca. 45 min).

Nach beendeter Zugabe wurde die Kühlung weggenommen und weitere 90 Minuten gerührt. Dann wurde mit 100 ml Ether verdünnt, durch eine - mit einer dünnen Schicht Kieselgel 60 belegten - Glasfritte abgesaugt. Das Reaktionsgefäß und die Fritte wurden nochmals mit zwei Portionen von je 100 ml Ether gespült. Die vereinigten Filtrate wurden über Nacht über Natriumsulfat getrocknet.

Nach dem Einrotieren der Lösung wurden durch Destillation (52 Grad bei 0.002 mbar) zwei Produktfraktionen gewonnen: die erste war fast farblos, die zweite durch eine höher siedende Verunreinigung gelb gefärbt.

Die DC-Chromatogramme der beiden Fraktionen zeigen eine stark tailende Substanz, die die Hauptmenge ausmacht und eine Spur einer anderen Substanz, die praktisch nicht eluiert wird. Der Fleck dieser zweiten Substanz ist bei der unreineren zweiten Charge stärker, weshalb vermutet werden dürfte, daß es sich dabei um die gelbe Verunreinigung handelt.

Die DC wurde auf Kieselgelplatten mit Dichlormethan als Laufmittel durchgeführt. Aceton, wie auch verschiedene Gemische aus Essigester, Butylalkohol, Aceton und Wasser erwiesen sich als unbrauchbare Laufmittel.

Man könnte also wohl die Substanz noch von der minimalen gelben Verunreinigung trennen, für den Zweck dieser Arbeit erschien die Reinheit jedoch ausreichend und so wurden beide Fraktionen verwendet. Die Gesamtausbeute an CPCH-on betrug 3,6 g (16,2 mmol = 68% d.Th.; Lit.: 90%).

IR-Spektrum:

Abb.32: IR-Spektrum von CPCH-on

13C-NMR

Abb.33: 13C-NMR-Spektrum von CPCH-on

Massenspektrum:

Abb.34: Massenspektrum von CPCH-on

Die CHN-Analyse ergab folgende Werte:

gefundenberechnet
C81,63 (08)82,50
H7,28 (09)7,50
O11,10 (01)10,00

In einem analogen Ansatz mit Alkohol aus 6.4 (Reaktionsweg über die Oxidation des unsubstituierten Kohlenwasserstoffs mit Selendioxid) wurden vergleichbare Resultate erzielt.

6.8 Abschließende Bemerkungen zum präparativen Teil

Shiner, Vorndam und Kass geben an, ihr CPCH-on sei gelb gewesen, obwohl sie es chromatographisch gereinigt hätten. Die Tatsache, daß es in dieser Arbeit gelang, in mehreren Ansätzen (fast) farblose Produkte zu erhalten, sowie die Tatsache, daß es keinen Grund gibt, weshalb die Verbindung farbig sein sollte (Jaffé und Orchin [26] geben als Absorptionen für konjugierte Carbonylgruppen 327-305 nm für n- >p*-Übergänge und 225-257 nm für p->p*-Übergänge an, Cookson und Dandegaonker [27] geben für 4-Methyl-iso-propyliden-cyclopentanon sogar 340 nm an, das alles liegt aber immer noch außerhalb des sichtbaren Bereichs - für eine gelbe Farbe wären 400 bis 450 nm erforderlich!), lassen darauf schließen, daß das CPCH-on eine farblose Flüssigkeit ist.

Der unterschiedliche Gehalt an Verunreinigungen der einzelnen Chargen (ausgedrückt in ihrer Farbigkeit) zeigte aber weder im IR-, noch im Massenspektrum und auch nicht bei der Mikrowellenspektroskopie irgendwelche Auswirkungen.

In dieser Arbeit wurde beim TMSO-Butadien ein Z/E-Isomerengemisch verwendet, weshalb alle vier isomeren Formen (vgl. Abb.15, S.31) des Grundkörpers zu erwarten waren. Dies ist eine mögliche Teil- Erklärung für die Komplexität der NMR-Spektren. Das hier eingesetzte TMSO-Butadien stammt von der Firma Aldrich, von wo auch Shiner, Vorndam und Kass ihr Butadien herbezogen. Sie machen keine Angaben darüber, ob ihr Edukt isomerenrein war, oder nicht, es ist aber anzunehmen, daß auch sie die Mischung verwendet haben (Aldrich bietet - wenigstens in Deutschland - nur eine Z/E-Mischung an), zumal sie keine Angaben über die Konfiguration des Isomeren machen.

Die NMR-Daten, die von ihnen angegeben werden, konnten nicht nachvollzogen werden, obwohl nachweislich die Hauptmenge der in dieser Arbeit hergestellten Substanzen (ganz sicher jedenfalls des Ketons) den gewünschten Verbindungen entsprach und das Keton wahrscheinlich sogar reiner dargestellt wurde. Eine genauere Untersuchung der NMR-Daten von Shiner, Vorndam und Kass war nicht möglich, da sie nur Zahlenwerte, jedoch keine Spektren veröffentlicht haben. Bei diesen Zahlenwerte fällt allerdings auf, daß zum Beispiel von den 22 Protonen des TMSO-CPCH nur 21 in ihren Angaben auftauchen, von den vierzehn Protonen des Alkohols gar nur sechs. Daraus könnte geschlossen werden, daß auch ihre Spektren zum Teil so kompliziert waren, daß eine Zuordnung nur sehr schwierig - wenn überhaupt - möglich war.


7 Versuche zu Darstellung und Nachweis des Cyclohexadienons

7.1 Einleitende Überlegungen

Ausgehend von den Arbeiten von Shiner/Vorndam/Kass und Lasne/Ripoll/Denis sollte die Darstellung des Cyclohexadienons über eine Retro-Diels-Alder-Reaktion bewerkstelligt werden. Lasne, Ripoll und Denis machen keine näheren Angaben über die angewandte Technik, während Shiner, Vorndam und Kass angeben, die Pyrolyse bei 200°C in einem Strom von Helium bei 0.4 Torr durchgeführt zu haben. In dieser Arbeit war aber ein so hoher Druck nicht realisierbar, obwohl eine möglichst hohe Konzentration des Cyclohexadienons wünschenswert wäre um eine hohe Absorption zu erreichen. Zur Stark-Effekt-Modulation benötigt man aber so hohe Feldstärken, daß sich bei diesen Drücken sofort eine Gasentladung einstellen würde. Außerdem erscheinen bei so hohen Drücken die Linien infolge der Druckverbreiterung so breit und flach, daß sie nicht mehr zu erkennen wären (zum Spektroskopieren sind meist Drücke von einigen hundertstel Millibar wünschenswert). Eine Verdünnung, wie sie von Shiner, Vorndam und Kass beschrieben wurde, spielt bei der von ihnen angewendeten Detektion keine Rolle, da es sich bei der flowing-afterglow-Technik quasi um ein Massenspektrometer handelt. Andererseits muß man sich aber klar machen, daß vom Gesamtdruck nach der Zersetzung nur maximal die Hälfte vom Partialdruck des Cyclohexadienons stammt, da äquimolar auch Cyclopentadien produziert wird. Eine weitere Verdünnung mit Inertgas erschien für die Mikrowellenspektroskopie also nicht wünschenswert, zumal zu befürchten war, daß auch die theoretisch mögliche Höchstgrenze von der Hälfte des Druckes infolge teilweiser Umlagerung zu Phenol nicht zu erreichen ist. Die ersten Versuche wurden also ohne Inertgas unternommen. Später wurde der Aufbau dahingehend modifiziert, daß eine Mischung der Vorläuferverbindung mit einem Edelgas (aus Kostengründen Argon) möglich war.

7.2 Vorversuche zur Zersetzung

Für die Pyrolyse wurde ein kleiner Röhrenofen (65 mm lang, 18 mm Durchmesser) gewählt. In einer früheren Arbeit in unserer Abteilung [20] zeigte sich, daß längere Pyrolysestrecken wieder zu einem Zerfall der Pyrolyseprodukte führen können. Wenn deshalb die Pyrolyse in einer kürzeren Zone erfolgreich ist, so ist dieser Methode sicherlich der Vorzug zu geben. Die Pyrolyse selbst findet in einem, zum Ofen passenden, Quarzrohr statt, das einen Durchmesser von 12 mm aufweist. Die Regelung der Ofentemperatur erfolgt über einen Regeltransformator, mit dem die Spannung der Heizwicklung des Ofens eingestellt werden kann. Gemessen wird die Ofentemperatur über ein eingebautes Thermoelement mit entsprechendem Anzeigegerät.

Abb.35: Massenspektrum des unzersetzten Ausgangsmoleküls, aufgenommen mit dem AMETEK/DYCOR- Gerät.

Um die optimalen Zersetzungsbedingungen herauszufinden, wurde eine kleine Apparatur ohne Mikrowellenzelle aufgebaut. Dabei wurde das Ende des Quarzrohres am Ausgang des Ofens direkt mit einem Quadrupolmassenspektrometer verbunden, das zur Überwachung der Zersetzung hervorragend geeignet war. Die überschüssige Substanzmenge wurde über Kühlfallen abgesaugt. Es zeigte sich, daß das selbst angefertigte Spektrum bei kaltem Ofen, also ohne Zersetzung (s. Abb.35) im wesentlichen dem durch die Sektion Massenspektrometrie aufgenommenen entsprach (vgl. Abb.34, S.63). Es wies hauptsächlich Peaks bei m/z = 160, 95, 94 und 66 auf.

Die Masse 160 stellt dabei den Molekül-Peak dar. Die anderen Peaks ergeben sich aus dem Fragmentierungsschema in Abb.36. Im Massenspektrum fällt dabei auf, daß die Masse 95 gegenüber der Masse 94 begünstigt ist.

Abb.36: Fragmentierung der Ausgangsverbindung. Die jeweils komplementären Fragmente sind der Übersichtlichkeit halber weggelassen.

Bei Drücken von 3-4 10-2 mbar (etwa ein Zehntel des Inertgasdruckes von Shiner, Vorndam und Kass) wurde dann die Temperatur des Ofens langsam erhöht (vgl. Abb.37). Dabei war eine schwache Abnahme der Peakhöhe bei m/z=160 zu beobachten. Diese Abnahme setzte bei etwa 200-300°C ein und war verbunden mit einer Abnahme des Peaks bei m/z=95, während der Peak bei m/z=94 langsam anwuchs. Bei höheren Temperaturen war zwar immer noch eine Abnahme des Molekülpeaks m/z=160 zu beobachten, jedoch verlangsamte sich der Effekt zusehends. Aufgrund der Nenntemperatur des Ofens konnte zwar die Temperatur nicht auf über 900°C gesteigert werden, es wäre aber auch bei noch höheren Temperaturen keine wesentlich verbesserte Ausbeute zu erwarten gewesen.

Abb.37: Verlauf der Peakintensitäten bei m/z=94, 95 und 160 gegen die Zeit bei Aufheizen und anschließendem erneuten Abkühlen des Ofens. Die ganz untere Kurve stellt den Molekülpeak m/z=160 dar. Die anfangs oberste Linie gehört zur Masse 95, die anfangs mittlere zur Masse 94. An den Punkten, an denen sich die beiden oberen Linien kreuzen, war der Ofen etwa 400°C warm. Die y-Achse ist logarithmisch, die Einheiten auf der x-Achse sind willkürlich.

Abb. 38: Spektrum der Pyrolyseprodukte bei 900°C.

Bei 900°C war dann die Masse 94 wesentlich stärker vertreten, als die Masse 95 (vgl. Abb.38), was bei einer Zersetzung vor dem Massenspektrometer auch nicht weiter verwundert. Das zusätzliche Proton, das die Masse 95 verursacht, wird ja im Laufe der Fragmentierungsreaktionen des Molekül-Radikal-Kations umgelagert. Im Ofen findet aber eine thermische Retro-Diels-Alder-Reaktion des ungeladenen Moleküls statt, bei der keine Protonen-Umlagerungen beobachtet werden, so daß als Moleküle nur Cyclopentadien (m/z=66) und Cyclohexadienon, beziehungsweise Phenol (beide m/z=94) am Massenspektrometer ankommen.

Es fällt auf, daß in dem Spektrum der Ausgangsverbindung in Abb.35, (aufgenommen mit dem AMETEK/DYCOR Quadrupolmassenspektrometer) der Molekülpeak wesentlich kleiner ausfällt, als bei dem Spektrum, das von der Sektion Massenspektrometrie aufgenommen wurde (Abb.34). Dies liegt wahrscheinlich daran, daß die Ionisationskammer des AMETEK/DYCOR-Gerätes heißer ist, als beim anderen Gerät. Das bedeutet, daß die Anregung nicht mehr ausschließlich durch Elektronenstoß erfolgt, sondern zum Teil auch thermische Energie übertragen wird. Als Folge davon finden in erhöhtem Maße Fragmentierungen statt, weshalb der Molekülpeak an Intensität abnimmt. Dies sieht man auch sehr deutlich an dem Referenzspektrum von Phenol (Abb.39), bei dem der Fragmentpeak 66 über 66% aufweist, während er in der Literatur [28], [29] nur mit etwa 20-30% angegeben wird.

Abb. 39: Massenspektrum von Phenol

Man sieht diesen Effekt auch in dem Verhältnis zwischen den Peaks der Massen 94 und 95, der beim heißeren Gerät etwa 1:2, bei kälteren jedoch etwa 1:3 ist, was darauf schließen läßt, daß bei höheren Temperaturen in der Ionisationskammer bereits ein Teil der Ausgangsverbindung in einer Retro-Diels-Alder-Reaktion zerfällt, bevor ionisiert wird.

Eine massenspektrometrische Unterscheidung von Phenol und Cyclohexadienon ist nicht möglich, da nach der Ionisierung (EI mit 70 eV) sofort Umlagerungen stattfinden. Die übliche Fragmentierungsreaktion des Phenols selber verläuft sogar über ein Cyclohexadienon [30] (vgl. Abb.40). Ein direkter Nachweis des Cyclohexadienons im Pyrolysat war somit also nicht möglich, jedoch konnte das Massenspektrometer zur Kontrolle der Zersetzung genutzt werden, indem jeweils die Intensitäten der Massenpeaks 94 und 95 verglichen wurden.

Abb.40: Fragmentierungsmuster von Phenol

7.3 Kombination von Ofen, Meßzelle und Massenspektrometer

Ein Aufbau zur Messung der Rotationsübergänge des Cyclohexadienons ist in Abb.41 schematisch dargestellt. Aus einem Kühlfinger, der als Vorlage diente, strömte die Ausgangsverbindung durch ein auf etwa 900°C geheiztes Quarzrohr direkt in die Meßzelle. Dabei mußte die Zuleitung bis zum Ofen mit einem elektrischen Heizband auf etwa 60°C erwärmt werden, um das Auskondensieren an den kalten Glaswänden zu vermeiden. Das hätte sich insbesondere dadurch bemerkbar gemacht, daß das Erreichen eines genügend hohen Zelldrucks nicht möglich gewesen wäre. Außerdem wäre dann nach dem Schließen des Ventils vor dem Ofen keine sofortige Unterbrechung der Zufuhr von unzersetzter Vorläuferverbindung möglich gewesen, da diese dann langsam von den Wänden abgedampft wäre, was zu unnötigen Wartezeiten und Substanzverlusten geführt hätte. Der unterste Teil der Vorlage blieb jedoch ungeheizt, um den Vorrat nicht unnötig thermisch zu belasten. Bei Bedarf wurde dieser Teil mit einem Heißluftgebläse erwärmt.

Abb. 41: Schematischer Aufbau der Meßapparatur mit Spektrometerzelle und Massenspektrometer.

Wie oben beschrieben, lenkte beim Einströmen in die Meßzelle ein kleiner Einlaßfinger aus Glas die Moleküle in Längsrichtung der Zelle um, an deren anderem Ende sie abgesaugt wurden. Zwischen Pumpe und Zelle war dabei eine Verzweigung zum Massenspektrometer angebracht. Über ein Absperrventil und einen Glashahn (ein Bauteil aus Glas war wegen der elektrischen Isolierung der Meßzelle gegen das Massenspektrometer erforderlich) konnte der Druck in der Meßkammer des Massenspektrometers auf einen optimalen Wert eingestellt werden.

Durch diese Anordnung konnte sowohl die Zersetzung kontrolliert, als auch die Zusammensetzung des Gasgemischs in der Meßzelle leicht nachgewiesen werden.

7.4 Versuche zum rotationsspektroskopischen Nachweis des Cyclohexadienons

7.4.1 Versuche ohne Inertgas

Vor den eigentlichen Messungen mit dem Mikrowellen-Spektrometer wurden zunächst die Glaszuleitungen auf etwa 60 Grad erwärmt. Dann wurde bei noch kaltem Ofen der Hahn des Kühlfingers geöffnet, so daß unzersetzte Substanz in die Meßzelle strömte. Es stellte sich so nach kurzem Erwärmen der Vorlage mit einem Heißluftgebläse und ganz geöffnetem Zellausgang ein Druck von etwa 0,02 mbar ein. Der Zellinhalt wurde massenspektroskopisch untersucht und so die Vergleichbarkeit verschiedener Produktchargen nachgeprüft. Die dabei festgestellten minimalen Unterschiede gehen wohl nur zum Teil auf die Unterschiedlichkeit der Substanzen, zum anderen Teil jedoch auf unterschiedliche Betriebsbedingungen des Massenspektrometers - insbesondere der Temperatur der Ionisationskammer - zurück. Ein entscheidender Unterschied zwischen schwach und stärker gelb gefärbten Chargen war nicht zu entdecken.

Nachdem der Hahn der Vorlage wieder geschlossen worden war, wurde der Ofen aufgeheizt und nach Erreichen der gewünschten Betriebstemperatur konnte mit den Messungen begonnen werden. Dazu wurde der Hahn der Vorlage wieder geöffnet und die Flüssigkeit mit dem Heißluftgebläse kurz erwärmt. Es stellte sich dann bei ganz geöffnetem Zellausgang ein Druck von etwa 0,04 mbar ein, also etwa das Doppelte des Wertes bei kaltem Ofen. Dies war nach der Zersetzung - infolge der doppelten Teilchenzahldichte - auch zu erwarten. Sobald der Druck in der Meßzelle einigermaßen konstant war, wurde mit der Aufnahme der Mikrowellenspektren begonnen. Für ein Spektrum waren in der Regel 400 bis 800 Sweeps notwendig, was bei den eingestellten Parametern etwa ein bis zwei Minuten dauerte. Nach Beendigung des letzten Durchlaufs wurden der Hahn der Vorlage, sowie der Absperrhahn direkt vor dem Ofen sofort verschlossen. Der Zelldruck begann dann langsam zu sinken, es dauerte aber meist einige Minuten, bei höheren Drücken zum Teil eine Stunde und mehr, bis sich der sonst übliche Druck von etwa 10-2 mbar wieder eingestellt hatte. Dies ist wohl zum Teil auf nachströmende Ausgangsverbindung aus dem Teil zwischen Absperrhahn und Ofen zurückzuführen, es muß aber auch angenommen werden, daß es sich dabei um von den Zellwänden abdampfende Substanzen handelt.

Auf diese Weise wurden weite Bereiche im K- und im V-Band abgesucht, speziell auch die Bereiche, in denen nach der Vorausrechnung die stärksten Linien zu erwarten waren. Die gefundenen Linien wurden mit Referenzspektren verglichen, die zum Teil in derselben Zelle, zum Teil wegen der erheblich besseren Transmission auch in einer Rechteckzelle aufgenommen wurden. Besonders auffällig waren in den Spektren sehr scharfe und intensive Peaks, die ausnahmslos von Cyclopentadien stammten. Außerdem wurden noch etliche andere Linien gefunden, die allerdings alle von Phenol stammten (vgl. Spektren im Anhang).

Daraufhin wurden die Darstellungs- und Aufnahmebedingungen immer wieder varriiert. So wurde bei kleineren Drücken (0,01 mbar) mit bis zu 3000 Sweeps, sowie bei höheren Drücken (0,08 mbar - dann mit verringerter Starkspannung), bei verringerter Ofentemperatur, sowie mit ununterbrochenem Durchfluß über mehrere Messungen hinweg gearbeitet. Immer wurden dieselben Ergebnisse erhalten. Nachgewiesen wurden immer nur Cyclopentadien und Phenol.

Die einzige Struktur, die weder Phenol, noch Cyclopentadien zugeordnet werden konnte, ist extrem breit. Sie war dann besonders gut zu erkennen, wenn die Zelle vollkommen evakuiert war, ließ jedoch an Intensität nach, wenn noch eine gewisse Belegung der Zellwandung vorhanden war. Aufgrund der langen Wartezeiten, bis der Zelldruck genügend weit abgesunken war, konnte dieses Phänomen in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht mehr geklärt werden.

Die Tatsache, daß es immer sehr lange dauerte, bis nach unterbrochener Substanzzufuhr der Zelldruck wieder abgefallen war, deutet darauf hin, daß in der Zelle auf den Wände Substanzen adsorbiert werden, oder zum Teil gar auskondensieren. Das ist natürlich für das Vorhaben, Cyclohexadienon nachzuweisen, sehr ungünstig, da in kondensierter Phase eine rasche Umlagerung stattfindet. Sollten also die Wände bereits mit Phenol belegt sein, so würden die Chancen auf einen erfolgreichen Nachweis des Cyclohexadienons beträchtlich sinken, da Phenol relativ sauer ist und so eine Tautomerisierung über den Säure-Mechanismus katalysieren könnte.

Eine interessante Feststellung konnte gemacht werden, wenn sich der Vorrat an Vorläuferverbindung im Kühlfinger dem Ende entgegenneigte. Wurden schwach gefärbte Chargen eingesetzt, so war der Rest, der gegen Ende noch übrig war immer stärker gefärbt, was darauf schließen läßt, daß das farblose CPCH-on bevorzugt verdunstete, während eine höher siedende gelbe Verunreinigung zurückblieb.

7.4.2 Versuche mit Inertgasstrom

Aufgrund der bisherigen Versuchsergebnisse wurde der Versuchsaufbau dahingehend abgeändert, daß nun ein Arbeiten in einem Inertgas-Strom möglich war. Dazu wurde ein T-Stück als Abzweigung in die Zuleitung zum Ofen eingebaut, über das Argon mit einem Feinregulierventil zudosiert werden konnte.

Abb.42: Modifizierter Aufbau mit Argon-Einspeisung

Es wurden mit verschiedenen Druckwerten und Mischungsverhältnissen Messungen durchgeführt. Die Gesamtdrücke lagen dabei zwischen 0,02 und 0,08 mbar, die Mischungsverhältnisse zwischen 1:1 und etwa 1:5. Das Verhältnis zwischen Signal und Rauschen wurde dadurch natürlich erheblich verschlechtert, da aufgrund des höheren Druckes die Linien verbreitert waren, zusätzlich sich jedoch auch noch weniger absorbierende Substanz in der Meßzelle befand. Wiederum konnten nur Linien von Cyclopentadien und Phenol nachgewiesen werden.

7.4.3 Versuche über fraktionierende Sublimation

Das Reaktionsgemisch nach der Zersetzung noch schneller in die Zelle zu befördern war nicht möglich. Wenn sich auf dem kurzen Weg dorthin schon ein Teil des Cyclohexadienons umgelagert hatte, so bestand die einzige Möglichkeit zu einem Nachweis nun noch darin, die Konzentration dadurch zu steigern, daß die Beimengung an Cyclopentadien entfernt wurde.

Dazu sollte das Pyrolysat direkt nach dem Ofen bei der Temperatur des flüssigen Stickstoffs abgefangen werden und dann fraktionierend in die Zelle sublimiert beziehungsweise destilliert werden. Eine Sublimation war wünschenswert, da bei einem Aufschmelzen eine sofortige Tautomerisierung des eventuell noch vorhandenen Cyclohexadienons zu befürchten war.

Der Ofen wurde also von der Zelle getrennt und der Ausgang des Quarzrohres direkt mit einer Kühlfalle verbunden, in der die Zersetzungsprodukte bei -196°C auskondensiert wurden. Dann wurde die Kühlfalle an die Spektrometerzelle angeschlossen und von -196°C auf ca. -90°C erwärmt (Ethanolbad).

Nach dem Öffnen des Verschlußhahns an der Kühlfalle erfolgte ein kurzer aber heftiger Druckanstieg. Die mikrowellenspektroskopische Untersuchung dieser Fraktion war aufgund der geringen Menge und der dadurch bedingten kurzen Zeit nicht möglich. Das Massenspektrum (Abb.43) zeigt bereits etwas Cyclopentadien (66). Die Hauptmenge besitzt aber die Masse 54 mit einem Basispeak bei 39. Dieses Muster läßt prinzipiell drei Verbindungen zu: Cyclobuten, Butin und Butadien. Das Verhältnis der beiden Peaks bei 54 (M+.) und 53 (M+. - H) läßt aber auf Butadien schließen, was auch nicht verwundert, da bei der Thermolyse durchaus Reaktionen denkbar sind, bei denen sich Butadien aus dem Kohlenstoffgerüst abspaltet.

Abb.43: Massenspektrum des Zellinhalts bei -85°C Vorlagentemperatur.

Nachdem das Butadien restlos abgezogen worden war und der Druck in der Zelle wieder gesunken war wurde die Temperatur langsam erhöht. Bei etwa -75°C war dann die Cyclopentadien-Entwicklung so stark, daß selbst bei ganz geöffnetem Zellauslaß ein Druck von 0,04 mbar aufrechterhalten werden konnte. Das bei dieser Temperatur aufgenommene Massenspektrum (Abb.44) ist im wesentlichen mit dem Spektrum identisch ist, das mit reinem Cyclopentadien (Abb.45) erhalten wurde. Dieser Befund wurde auch durch das Auffinden von Absorptionslinien des Cyclopentadiens bestätigt.

Abb.44: Massenspektrum des Zellinhaltes bei -75 Grad in der Vorlage.

Abb.45: Massenspektrum von Cyclopentadien.

Die Temperatur wurde so lange auf -75°C gehalten, bis die Cyclopentadien-Entwicklung merklich nachließ und der Druck auch bei völlig geschlossener Zelle kaum noch anstieg. Im Massenspektrum der sich jetzt entwickelnden minimalen Gasmenge (Abb.46) waren neben dem zurückgehenden Cyclopentadien-Molekülpeak bei m/z=66 einige Peaks unter m/z=80 zu beobachten: 78 (77%), 79 (75%), 77 (47%) und 80 (33%). Die Signale bei m/z=80 und 79 könnten von 1,3-Cyclohexadien stammen - das Auftreten dieser Verbindung würde nicht weiter verwundern, da ja auch Butadien nachgewiesen wurde -, die Peaks bei m/z=78 und 77 könnten von Benzol stammen. Eine genaue Zuordnung ist jedoch kaum möglich.

Abb.46: Massenspektrum nach Ende der Cyclopentadienentwicklung

Außerdem zeigt das Spektrum bei Ende der Cyclopentadien-Entwicklung noch kleinere Peaks einer Verbindung mit der Masse 92. Während die Gruppe bei m/z=80 recht schnell kleiner wurde, wuchsen diese Signale bei m/z=92 und 91 an (Abb.47). Die absolute Menge an Substanz war jedoch wiederum minimal, so daß auch bei geschlossener Zelle der Druck kaum schneller stieg, als durch die übliche Leckrate bedingt. Bei der so erhaltenen Fraktion handelt es sich wohl um Norbornadien (Literaturwerte 91:100%, 92:45%, 66:42%,, 39:29%), das auch zu erwarten ist, wenn Butadien-Fragmente auftreten (Norbornadien bleibt übrig, wenn man aus dem Vorläufermolekül ein Butadien-Fragment abspaltet).

Abb.47: Massenspektrum der Fraktion bei etwa -70°C

Nachdem sich keine weiteren Veränderungen einstellten, wurde immer wieder kaltes Ethanol durch wärmeres ersetzt. Dabei wurde das wärmere Ethanol über einen Trichter mit Schlauch in den unteren Teil des Dewar-Gefäßes gefüllt, um eine thermische Schichtung zu vermeiden. Nach und nach wurde so die Temperatur zügig gesteigert, wobei die Gasentwicklung immer mehr zurückging. Auch bei völlig geschlossener Zelle stieg der Druck nicht stärker an, als das durch einströmende Luft zu erwarten war und auch am Massenspektrometer waren nur noch Spuren der gefundenen Verbindungen nachzuweisen.

Es konnte dann bis etwa -10°C erwärmt werden, ohne daß nennenswerte Veränderungen eingetreten wären. Dann begannen jedoch langsam Signale um m/z=94 das Spektrum zu dominieren und bei etwa +15°C war dann die Gasentwicklung so stark, daß auch in der Meßzelle der Druck wieder anstieg. Doch auch jetzt waren im Mikrowellenspektrum nur Linien des Phenols zu finden, während in dem Bereich, in dem die stärksten Linien des Cyclohexadienons zu erwarten waren, keine Linien auftauchten.

Abb.48: Massenspektrum bei etwa 10°C Vorlagentemperatur.

In dem bei etwa +10°C aufgenommenen Massenspektrum (Abb.48) sind bereits Spuren der unzersetzten Ausgangsverbindung (m/z=160) zu erkennen. Sie blieben bis zum Schluß erhalten, als mit einem Heißluftgebläse die Kühlfalle noch ausgeheizt wurde. Dieses Ausheizen erbrachte allerdings keine neuen Signale im Massenspektrum, weshalb der Versuch dann auch abgebrochen wurde.

Abb.49: Pyrolyse der Vorläuferverbindung. Aufgeführt sind nur die mit ziemlicher Sicherheit nachgewisenen Pyrolyseprodukte.

Bereits während und kurz nach der Pyrolyse war in der Kühlfalle eine deutlich gelbe Farbe auszumachen. Sie stammte offensichtlich von einer höher siedenden Verunreinigung, denn nachdem der Versuch nach dem Ausheizen der Kühlfalle beendet worden war, befand sich in der Kühlfalle immer noch eine tiefgelbe bis braune Substanz.


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