D. Spektroskopischer Teil

1 Das Mikrowellenspektrometer

Alle mikrowellenspektroskopischen Untersuchungen wurden mit einem StarkSpektrometer der Abteilung Chemische Physik durchgeführt. Das verwendete Spektrometer wurde bereits an anderer Stelle ausführlich beschrieben [12, 36], weshalb hier nur ein grober Überblick gegeben werden soll.

1.1 Meßzelle und Strahlungsquellen

Für alle Messungen konnte eine im Temperaturbereich zwischen -70 und +40°C thermostatisierbare 3m-Rechteckzelle aus Messing verwendet werden. Als Strahlungsquellen dienten Rückwärtswellenoszillatoren (18,5-40 GHz) und ein YIG-Oszillator (8-20 GHz).

1.2 Stabilisierung und Meßgenauigkeit

Übersichtsspektren (Frequenzausschnitt pro Spektrum etwa 50 MHz) wurden ohne Frequenzstabilisierung aufgenommen, bei der Feinvermessung (Frequenzausschnitt etwa 2-4 MHz) wurde die Mikrowellenfrequenz über eine PLL-Schaltung mittels einer FDS-30-Einheit der Firma Schomandl stabilisiert. Als Referenzfrequenz für die Frequenzmessungen diente ein digitaler Frequenzgenerator, dessen Genauigkeit gegen das Normsignal des Langwellensenders Mainflingen der Physikalisch Technischen Bundesanstalt in Braunschweig geprüft wurde. Die Abweichung war kleiner als 4·10-8, was bei einer Frequenz von 20 GHz einem Fehler von weniger als 800 Hz entspricht. Dieser Fehler ist gegenüber den Ungenauigkeiten, die aus der Linienbreite resultieren, vernachlässigbar. Die typischen Linienbreiten (volle Halbwertsbreiten) lagen bei der Oxo-Verbindung bei 300-500 kHz und bei der Methylen-Verbindung bei etwa 250 kHz. Daraus resultieren Ungenauigkeiten bei der Frequenzbestimmung von feinvermessenen Linien von etwa 20-30 kHz.

1.3 Detektion und Signalverarbeitung

Das Detektorsystem des Spektrometers besteht aus einer Diode, deren Ausgangssignal - nach kapazitiver Abtrennung des Gleichspannungsanteils und Verstärkung - phasenempfindlich gleichgerichtet wird. Die dazu nötige Signalmodulation wird über den Stark-Effekt erreicht. Die Stark-Spannung wird von einem Rechteck-Generator erzeugt, der mit einer Frequenz von 33 kHz arbeitet. Das Ausgangssignal des phasenempfindlichen Gleichrichters wird einem Rechner zugeführt, durch den das Verhältnis von Signal zu Rauschen mittels "time-averaging" nochmals deutlich verbessert wird.

2 Aufnahme und Auswertung der Rotationsspektren

Obwohl die verwendete Meßzelle prinzipiell auch im Durchfluß zu betreiben ist, konnte bei allen vermessenen Substanzen statisch gearbeitet werden. Die typischen Drücke in der Zelle betrugen dabei wenige Hundertstel Millibar (2-7 Pa). Je nach Linienstärke waren zum einwandfreien Vermessen der Linien zwischen 100 und 10000 Sweeps nötig. Bei einer maximalen Wiederholfrequenz von knapp unter 10 Hz ergaben sich so Aufnahmezeiten von 10 Sekunden bis zu etwa 20 Minuten.

Zusammen mit den Frequenzmarken wurden die Spektren vom Aufnahmerechner (einem ELTEC-System unter CP/M) auf einen IBM AT überspielt, wo die Frequenzbestimmung komfortabler erfolgen konnte. Von dort wurden die Daten zum Ausdrucken der Spektren und zur Anpassung der gemessenen Linienfrequenzen weiter auf den DEC VAX/VMS-Cluster des Universitäts-Rechenzentrums Ulm übertragen.

Die Anpassung der Daten erfolgte mittels größtenteils vorhandener Programme, insbesondere BC7 (BC2 (Nakagawa), weiterentwickelt von Typke, Lindenmayer und Koch) und MWDOP (Typke) zur Vorausrechnung von Rotationsspektren, ZFAP4 (Typke) zur Ausgleichsrechnung für die gemessenen Rotationsübergänge und RU271 sowie RU273 (beide Rudolph) für die Vorausrechnung und Anpassung der Stark-Effekt-Messungen.

3 Messungen an 4,4-Dimethyl-2,5-cyclohexadienon (DMCHDO)

3.1 Darstellung von DMCHDO

DMCHDO wurde nach dem folgenden, dreistufigen Syntheseplan aus 4,4-Dimethyl-2-cyclohexenon hergestellt (vgl. Abb. D.1):
  1. Darstellung des Trimethylsilylethers mittels Trimethylsilylchlorid (nach [37]).
  2. Bromierung unter Spaltung der O-Si-Bindung (nach [38]).
  3. Eliminierung von Bromwasserstoff mit Chinolin (nach [39]).
Die Darstellung auf diesem Wege liefert ein reineres Produkt als die bereits beschriebenen einstufigen Synthesen [4c, 4d, 7f, 40a-b]. Es handelt sich dabei um eine Modifikation der Synthese, die von Plieninger et al. [40c-d] entwickelt wurde und über das Acetat anstelle des Silylethers verläuft. Der wesentliche Grund für die Wahl dieses Synthesewegs war, daß es so möglich war, die Durchführbarkeit einer thermischen HBr-Abspaltung zu prüfen, welche eventuell einen Zugang zum unmethylierten Cyclohexadienon versprach. Die thermische Behandlung des Bromids in der Gasphse verlief jedoch nicht unter HBr-, sondern unter CO-Abspaltung.

Abb. D.1: Syntheseplan zur Darstellung von DMCHDO.

3.2 Dosierung und Meßbedingungen

DMCHDO ist eine stabile Substanz und kann unter Luftabschluß längere Zeit gelagert werden, ohne daß eine irgendwie geartete Umsetzung beobachtet werden kann. Deshalb wurde etwa ein Milliliter der Substanz in ein Vorratsgefäß gefüllt, sorgfältig entgast und dann nach Bedarf eine Probe aus diesem Gefäß in die Meßzelle dosiert. Es erwies sich als vorteilhaft, bei einer Temperatur von -30°C und einem Druck von 2-5 Pa (0,02-0,05 mbar) zu arbeiten, jedoch waren die meisten der Linien aufgrund des hohen Dipolmoments so stark, daß eine weitere Optimierung der Aufnahmebedingungen nicht nötig war.

4 Messungen an 1-Methylen-2,5-cyclohexadien (MCHD)

4.1 Darstellung von MCHD

MCHD wurde, wie bereits prinzipiell von Plieninger und Maier-Borst [41] beschrieben, aus Benzoësäure hergestellt. Als letzte Vorstufe diente jedoch nicht das von ihnen verwendete Ammoniumjodid, sondern, wie von Gajewski und Gortva [6b] vorgeschlagen, das entsprechende Aminoxid (vgl. Abb. D.2):
  1. Birch-Reduktion von Benzoësäure zu 1,4-Dihydrobenzoësäure.
  2. Umsetzung mit Oxalylchlorid zum entsprechenden Säurechlorid.
  3. Bildung des Dimethylamids.
  4. Reduktion zum entsprechenden Amin mit Lithium-Aluminiumhydrid.
  5. Bildung des Aminoxids mit Wasserstoffperoxid.
  6. Thermolyse des Aminoxids zu MCHD.

Abb. D.2: Syntheseplan zur Darstellung von MCHD.

Eine filtrierte wässrig-methanolische Lösung von 1,4-Dihydrobenzyl-dimethylaminoxid (X, Darstellung siehe präparativer Anhang) wurde zunächst im Wasserstrahlvakuum, danach etwa eine Stunde bei ca. 1 mbar, eingeengt. Die so erhaltene Masse wurde, ausgehend von Zimmertemperatur, bei langsam bis 80°C steigender Temperatur thermolysiert und die Thermolyseprodukte in einer mit flüssigem Stickstoff gekühlten Falle aufgefangen. Der Vorgang wurde mit einem Quadrupol-Massenspektrometer (MS) beobachtet*.

* Eine massenspektrometrische Unterscheidung zwischen Toluol und MCHD ist nicht möglich. Deswegen wird im folgenden immer Toluol/MCHD für Signale bei m/z = 91-92 verwendet.

Zunächst wurde bei Zimmertemperatur hauptsächlich Toluol/MCHD erhalten. Dabei trat aber noch kaum Zersetzung ein (fehlende Signale des zweiten Thermolyseproduktes, Dimethylhydroxylamin (DMHA, m/z=61), welches einen deutlich kleineren Dampfdruck als Toluol besitzt), so daß es sich hierbei wahrscheinlich um Toluol aus bereits zuvor zerfallenem Aminoxid handelte. Bei Erhöhung der Temperatur war dann ein Druckanstieg bemerkbar und das Spektrum zeigte etwa gleiche Anteile an Toluol/MCHD und DMHA.

4.2 Trennung der Thermolyseprodukte

Aus der Kühlfalle, in der die Thermolyseprodukte aufgefangen worden waren, wurde in eine zweite mit flüssigem Stickstoff gekühlte Falle umsublimiert. Dazu wurde die Falle mit den Thermolyseprodukten zunächst aus dem flüssigen Stickstoff in ein Dewargefäß mit ca. -90°C kaltem Ethanol überführt. Die Temperatur des Ethanolbades wurde dann durch Zusatz von warmem Ethanol langsam gesteigert. Auch dieser Vorgang wurde mit dem MS überwacht. Dabei konnte festgestellt werden, daß sich eine Komponente mit Masse 92 (MCHD oder Toluol) gut vom DMHA trennen läßt. Bis etwa -60°C entwickelte sich nur Toluol/MCHD und erst ab ca. -55°C tauchte DMHA auf, das bei -30°C dominierte. So war eine effektive, sublimative Abtrennung des gewünschten Produktes möglich.

Abb. D.3: Massenspektrum von MCHD.
Abb. D.4: Massenspektrum von Dimethylhydroxylamin.

4.3 Dosierung und Meßbedingungen

Die Dosierung von MCHD erfolgte ähnlich wie die des DMCHDO, jedoch wurde hier als Vorratsgefäß eine Kühlfalle benutzt, die nur zum Dosieren kurzzeitig so weit aus dem, mit flüssigem Stickstoff gekühlten Dewargefäß herausgehoben wurde, daß sich über dem festen MCHD ein genügender Dampfdruck aufbaute, um die Zelle zu füllen. Versuche zur Signalintensität bei verschiedenen Zelltemperaturen ergaben ein Maximum für etwa -30°C (vgl. Abb. D.5). Aufgrund des geringen Dipolmoments wurde, im Vergleich zum DMCHDO, mit etwas höheren Drücken gemessen, nämlich mit etwa 8 Pa (0,08 mbar).

Abb. D.5: Untersuchung über die Linienintensität von MCHD bezüglich der Zelltemperatur.


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